The Open Road
Autos gehören zum Stadtbild in den meisten Länder, und zwischen den Städten fahren Autos auf großen breitspurigen Straßen, die die Fahrer fast anonym durch die Landschaft schleusen. Autos sind Werkzeuge und Beföderungsmittel, aber in den USA werden Autos mit den Ideen von Freiheit und Unabhängigkeit gebunden. Mit einem Auto kann man die große Entfernung überwinden, und man kann all seine Habseligkeiten in den Heckraum werfen, um weit weg ein neues Leben anzufangen. Dank des billigen Benzins machen viele Leute oft eine achtstündige Tagesfahrt, und denken nichts darüber. Es scheint, als ob es in den USA ein Grundrecht auf den Besitz eines Führerschein gäbe.
Wenn Firmen Mitarbeiter nach den USA versetzen, fragen die Mitarbeiter oft, wer die Kosten des Führerscheins bezahlen sollte. Die meisten Firmen bezahlen nicht, denn der Führerschein kostet nur circa 50 Dollar. Um ihn zu erwerben, muss man vor einem Bildschirm fünfzig Fragen richtig beantworten, und dann fährt ein Gutachter zehn Minuten mit, um festzustellen, dass man die Fähigkeit besitzt, um die Ecke zu fahren, und dass man parallel zum Straßenverlauf parken kann. Der Führerschein bleibt jahrelang gültig, bevor man wieder in eine Zweigstelle der Verkehrsbehörde erscheinen muss, um als einzige die Sehkraft prüfen zu lassen
Im Vergleich sind die Geldstrafen ziemlich hoch. Wenn man ohne Sicherheitsgut ertappte wird, kostet es fast 300 Dollar, aber der gerichtliche Entzug eines Führerscheins wird jemandem nur nach einem schweren Verkehrsverbrechen auferlegt. Das Fahren unter Alkoholeinfluss gilt in der Gesellschaftsbild als Erzsünde, und es folgt, dass dem betrunkenen Fahrer eine hohe Geldstrafe verhängt wird. Die meisten Menschen sind aber von dem Auto so wirtschaftlich abhängig, dass es scheint, als ob die Todesstrafe öfters verhängt wird, als ein lebenslängliches Fahrverbot.
Eine Erläuterung der Polizeigewalt verdient ihren eigenen Beitrag, und deswegen erläutere ich gerade nur einige Punkte. Viele Besucher können fast nicht begreifen, warum in einem Verwaltungsbezirk oder County so viele verschiedene Polizeibehörden neben einander existieren. Die Beamten tragen unterschiedliche Uniformen, und fahren Streifenwagen, die keine einheitliche Markierungen haben. Mit wenigen Ausnahmen sind sie alle für die Verkehrsordnung zuständig. In Texas haben fast alle Dörfer eine Polizei, wenn sie auch eine Stadtregierung haben, aber in sehr kleinen Orten könnte die Polizei einfach aus zwei Streifenwagen und drei Beamten bestehen. Viele der kleinen Örtchen haben gewaltige Probleme, wie z.B.die Kleinkriminalität, die immer mit Drogenabhängigkeit und wirtschaftlichen Schwächen gefunden wird, und oft besitzt die örtliche Polizei weder die Geldmittel noch das Personal, um „Commuity Policing“ zu betreiben. „Community Policing“ verlangt das Engagement der Polizei für alle Aspekten der Gemeinde, und noch weiter muss die Beamten durch ehrenamtliche Arbeit bewusste Beziehungen pflegen, in dem sie zeigen, dass das Wohlergehen der Gemeinde in ihrer persönlichen Interesse liegt.
Die Beziehungen zu der Polizei wird oft erschwert durch die Haupttätigkeit der Beamten in den Dörfern–Radarkontrolle. Die Polizisten parken nahe der Ortsgrenze und lauern auf diejenigen, die übermäßig schnell fahren. Ein grünes Verkehrsschild markiert die Ortsgrenze und listet die Einwohnerzahl, und dahinten steht eine Werbetafel, die allen willkommen heißt. Oft wird der Reisende auch von einem Streifenwagen begrüßt, in dem ein Polizist hinter ein Radargerät sitzt. In Texas gibt es keine Blitzgeräte, und die Beamten müssen selber die Radarkontrolle ausüben. Die hohen Geldstrafen können einen Großteil des kommunalen Einkommen ausmachen, und als Folge erzielen Verkehrskontrollen in den meisten Fällen einer höher Priorität als „Community Policing.“ Einige Gemeinden wird als „Speed Traps“ berüchtigt, weil immer auf der selben kleinen Strecke so viele Strafzettel erteilt worden waren. Manche Einwohner finden sich in einer peinlichen Situation, denn Freunde, Bekannte und Kunden mussten hohe Geldstrafen bezahlen, nachdem sie eine freundliche Einladung zum Besuch angenommen hatten.
Nicht alle kleinere Orte gehen so weit, aber viele leiden unter Geldmangel, dem durch Verkehrsstrafen abgeholfen werden könnte. Vor vierzig Jahren beschäftigte sich die Regierung mit der Versuchung, der viele Gemeinden nachgeben, und festschrieb, dass in Texas kein Ort, der unter 5.000 Einwohner hat, nicht mehr als 30 Prozent des Gesamteinnahmen von Verkehrsstrafen beziehen darf. Falls ein Dorf den Prozentsatz überschreite, müsse das Dorf alle Überschüsse an den Bundesstaat weitergeben. Solche Maßnahmen lahmen den Eifer nicht, mit dem die Polizisten die Radarkontrolle ausüben, denn noch eine Einkommensquelle ist die Beschlagnahmung von Bargeld und Wertsachen, die nach einem großen Drogenfund folgt. Ein Verkehrsstopp verleitet oft zu einer Durchsuchung. Einige Städtchen haben sich neue Streifenwagen und andere Polizeigeräte geleistet, die normalerweise nur in den Großstädten üblich sind, weil es gesetzlich erlaubt ist, dass die Polizeibehörde, die einen Tatverdächtiger festgenommen hatte, den Besitzt von verurteilten Drogendealer versteigern darf.
So viele träumen von der „Open Road,“ und wenn sich der Traum endlich erfüllt, bitte fahre mit Vorsicht.
Verstärket eure Gemeinden statt eurer „Festungen“
Gewalttaten mit Schusswaffen gehören leider zum Alltag der USA, und viele Einwohner finden es schwierig über die Realität der Gewalt zu sprechen, denn das Thema bringt mit sich eine tief gespaltene Sprache. Meiner Meinung nach gibt es eigentlich keine klar getrennte politische Seiten, denn die meisten Menschen sind weitaus komplizierter als die einfache Kategorien “links” und “rechts”, mit denen viele Kommentatoren versuchen, das politischen Gespräch in den USA zu erklären .
Es ist verständlich, dass besonders Auslandskorrespondenten die krassen Gegensätze betonen, wenn sie bemühen sich, ihren Landsleuten die amerikanische Politik verständlich zu machen, denn es fehlt eine allgemeine politische Sprache der Mitte, eine Sprache, die nicht ideologisch beladen ist. Deswegen fehlt der Politik immer wieder die subtilen Ausdrücke, die der Kompromissbereitschaft unentbehrlich ist, und die das Zentrum eine fähige Demokratie bilden.
Die meisten Menschen machen täglich in ihrem Privatleben Kompromissen, aber sie wollen immer wieder von “ihren” Mandanten, dass Politiker die starke Sprache der Politik anwenden. Ob der Politiker “links” oder “rechts” gehöre, muss er der politischen Sprache stets Treue beweisen. So eine Sprache erleichtert den Dialog mit Gleichgesinnten, aber die Sprache erschwert mit Unbeteiligten oder Andersdenkenden das freundliche Gespräch.
Jeden Tag vermeiden Leute wichtigen Themen und besprechen lieber das Frivol, denn sie wollen angeblich niemanden verärgern. Die Notwendigkeit der Sprache der Mitte kommt zur Erscheinung, wenn eine Krise oder eine Tragödie auftritt, denn man kann beide Ereignisse nur zur Wort bringen, wenn man eine breite und subtile Sprache hat. Ohne die breite Sprache scheinen alle zu verteidigen oder anzugreifen anstatt zu trösten und Mitleid auszudrücken.
Ich war entsetzt, als ich den ersten Berichten davon las, wie den Hamburger Austauschschüler Diren Dede in Montana brutal erschossen wurde. Das Ereignis erinnerte mich an den japanischen Austauschschüler Yoshihiro Hattori, der 1992 in Louisiana erschossen wurde. Er und ein amerikanischen Freund wollten eine Halloween-Party besuchen, aber er hatte die falsche Adresse und wurde vor dem Haus erschossen. In beiden Fällen ist es sehr traurig. Sie wollten die USA kennen lernen und sich an neuen Bräuchen anzupassen, aber jetzt können ihre Angehörigen nur von Leid und Enttäuschungen erzählen.
Wer würde versuchen die Tat zu rechtfertigen? Warum haben so wenige dagegen reagiert? Eine Tragödie ist eine Tragödie und nichts politisches. In vielen Städten und ländlichen Regionen wird es oft täglich geschossen. Viele behaupten, dass eine breite Bereitschaft Gewalt auszutragen die Kriminellen zurückschrecken sollte, aber die Ermutigung zur Gewalt und der Glaube an einer Art Amnestie könnten einige zur unberechtigten und unnötigen Gewaltanwendung betreiben.
Der Vater vom Diren denunzierte die „Cowboy-Mentalität,“ die immer wieder zu Gewalttaten führe. Ich kann seine Beurteilung verstehen, denn ich kenne die Filme Clint Eastwoods. Viele Western-Fime sind brutal, und durch die ganze Streife wird es geschossen. Wenn wir unsere Nachbarn kennen, und wenn wir versuchen uns gegenseitig zu verstehen, dann ist eine Festung und eine Festungsdoktrin nicht nötig.
Im Gegensatz zum Film greifen die Cowboys, die ich kenne, nicht zur Waffe, um ihren Hof zu verteidigen, sondern sie verteidigen sich durch den Erhalt einer starken Gemeinde, in der Leute einander kennen und schätzen. Sie kennen ihre Verschiedenheiten aber sie erkennen, dass sie alle einen öffentlichen Raum bewohnen, den sie gemeinsam durch Kompromissen gestalten müssen. Darin findet man echte Sicherheit, denn man weiß, dass er nicht alleine ist.
Wenn alle auf der Gemeindeebene die Gemeinsamkeiten und die ortsansässigen Stärken betonen würden und offen gegen Herausforderungen auftreten, dann würden wir weit auf dem Weg sein, um „Gerechtigkeit zu verwirklichen, die Ruhe im Innern zu sichern, für die Landesverteidigung zu sorgen das allgemeine Wohl zu fördern, und das Glück der Freiheit uns selbst und unsere Nachkommen zu bewahren.“
Vor fünfhundert Jahren haben Menschen erfahren, dass eine starke Festung eher auf Schwäche deutet, als Stärke. Eine starke Gemeinschaft läßt der Einzelne noch weiter entwickeln, als hohe Mauern je gelassen hatten. Darin liegen die Eigenschaften, die einer globalen Wettbewerbsfähigkeit führen, die aber auf der lokalen Ebene anfängt. Solche Eigenschaften werden auch noch mehr Austauschschülern und Austauschstudierenden fröhliches Willkommen heißen und sie wieder mit schönen Erinnerungen nach Hause begleiten.—Jason Fabianke


