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Das einsame Denkmal

Kriegerdenkmäler gelten unter normalen Umständen nicht als populäre Reiseziele, aber wenn man nach Texas kommt und den Hill Country durchreist, dann sollte man als Zwischenstopp ins Navi das Treue-der-Union-Denkmal eintippen. Die Geschichte der Männer, denen das Denkmal gesetzt wurde, enthüllt einen mutigen Aufstand gegen Sklaverei, die Sklaverei, die die texanische Austrittsversammlung als „der offenbarte Wille des Allmächtigen Schöpfers“ verteidigte. Viele Bewohner des Hill Country hielten nichts vom Gerede der Sezessionisten und von der Behauptung der Eigentumsrecht an Mitmenschen, und einige waren bereit dagegen zu kämpfen. 
Das Denkmal wurde 1866 errichtet, und erinnert an die einundsechzig unionstreue Texaner, die meisten davon Freidenker, die versuchten 1862, ein Jahr nach der Austrittserklärung, nach Mexiko zu fliehen, um in die Armee des Nordens einzutreten. Wegen bestätigtem Verdacht auf Untreue und Verrat hatte der texanische Gouverneur in weiten Teilen des Hill Country den Kriegsrecht ausgerufen, und als die Freidenker flohen, wurden sie von einer Gruppe Irregulären nachgejagt, die ein Viertel der Männer am Ufer des Nueces töteten. Die Männer aus dem Hill Country setze ihre harte Reise fort, aber fast genau so viele starben noch weiter südlich am Rio Grande oder wurden in Gefangenschaft hingerichtet. Nach heutigen Berechnung fielen insgesamt zwölf texanische Soldaten im Dienst der Unionsarmee, aber hunderte Gleichgesinnte wurden in Texas ermordet oder hingerichtet.
Nach dem Krieg sammelten Angehörige und andere unionstreue Gesinnte die sterblichen Überreste, die noch am Nueces zu finden waren, und bestatten die Knochen in Comfort unter dem weißen Obelisk. Neben dem Denkmal weht noch heute eine Flagge auf halbmast. 
Die meisten Texaner kämpften gegen die Union, obwohl ungefähre 2000 in der Armee der Union dienten. Vor dem US-amerikanischen Bürgerkrieg stand billiges Baumwolle im Zentrum der texanischen Wirtschaft, und die Sklaverei, die vom Bundesstaat genehmigt und unterstützt wurde, ermöglichten die Erzeugung, Verarbeitung, und Lieferung der weißen Samenfaden. In den ersten zwei Monaten 1861 tagten die Delegierten einer Austrittsversammlung im texanischen Repräsentantenhaus, und begannen die Verhandlung einer möglichen Sezession, obwohl weder die Versammlung noch ihre Ergebnisse durch Statut oder Verfassung ein rechtliches Fundament hatten. 
In der Austrittserklärung beklagten zwar die Delegierten den mangelhaften Schutz vor „Indianern“ im Westen und „mexikanischen Banditen“ im Süden, aber sie verspotteten am meisten die immer lautere Stimme der Sklavengegner, die „die abwertende Doktrin der Gleichheit aller Menschen, ohne Rücksicht auf Rasse oder Farbe“ behaupteten. Damit sie völlig ihre Ablehnung des Gleichheitsprinzips deutlich machten, steht es in der Austrittserklärung, „die Regierungen der Südstaaten, und der Konföderation selbst, wurden ausschliesslich von der weißen Rasse für sich und derer Nachkommen gegründet.“ Nur sechs Delegierten stimmten gegen die Erklärung, und die überwiegende Mehrheit der Wahlberechtigten stimmte in einem Volksbegehren für einen Austritt.
Viele Einwohner und Einwohnerinnen litten an den Kriegsjahren, und sie hatten keine Ahnung, ob die Kriegsfolge ein umfassendes Gleichheitsprinzip etablierten, oder ob der Krieg die herrschende Ordnung unbehelligt weiter leben ließen. Das Ende des Kriegs leitete ein Ende der rechtlich begründeten Sklaverei ein, die durch den 13. Zusatzartikel verboten worden war, aber viele Menschen, insbesondere schwarze Mitbürger und Mitbürgerinnen, erlebten, wie ihre Menschenrechte und Bürgerrechte verletzt wurden, als Bundesstaaten das Wahlrecht missachtet und einen Vorwand für Rassentrennung suchten. In den achtzig Jahren nach Kriegsende zeigten wenige Menschen den Mut, gegen den rechtlich begründeten Rassismus einzuschreiten, wie diejenigen, die im Hill Country gegen Sklaverei einen Aufstand ausgerufen hatten, und das-Treue-der-Union-Denkmal musste einsam unter vielen anderen Denkmälern stehen, die zur Ehre der herrschenden Ordnung errichtet wurden. Die Gleichheit aller vor dem Gesetz musste leider auf andere Generationen warten.

Western Music: Andy Wilkinson und Andy Hedges, „Welcome to the Tribe“

Americana Musik hat eine lange Geschichte in den USA, aber die Musik wurde oft unterschätzt, bis die Techniker der Works Progress Administration während der Wirtschaftskrise der dreißiger Jahren hunderte Lieder amerikanischer Volksmusik aufgenommen hatten. Sänger und Sängerinnen wie Woody Gutherie wurden durch ihre selbstgeschriebenen Leider weltbekannt. In den Sechzigern Jahren war Volksmusik ihre eigene Musikgattung, und obwohl einige Liedermacher wie Pete Seeger ihr Unabhängigkeit behielten, machten größere Firmen die Vermarktung und der Verkauf der Schallplatten zu einem richtigem Geschäft. Ihrer Meinung nach mussten Musiker Lieder singen, die die Verkaufszahlen erhöhen, oder er oder sie bekäme keine Verlängerung ihres Vertrags. Die Unabhängigkeit der Sänger und Sängerinnen wurde weitgehend verloren.

Einige Sänger praktizieren die Unabhängigkeit der früheren Volkssänger, und sie nennen ihre Werke „Heritage Musik.“ Sie singen in Poety Festivals, auf kleineren Bühnen und in Aulen von Universitäten und Colleges, und kleinere Plattenfirmen veröffentlichen ihre CDs. Einmal im Jahr versammeln sich zwanzig oder mehr der Sänger in Alpine Texas bei dem Texas Cowboy Poetry Gathering, das im nächsten Jahr von dem 24. bis 25. Februar stattfindet.

Zwei talentierte Vertreter der Heritage Music sind Andy Wilkinson und Andy Hedges. Wilkinson ist “Artist in Residence” der Southwest Collection bei Texas Tech University ist. Er und Hedges leben in der Nähe von Lubbock und brachten zwischen 2009 und 2012 vier Alben in Zusammenarbeit, in denen sie singen, spielen und rezitieren sie über das Leben der modernen und historischen Cowboys, die Veränderungen der Landwirtschaft und der Umwelt und die Abhängigkeit von dem Grundwasser des Ogallala Aquifers. Die Musik aller vier Alben haben mich seit zehn Jahren begleitet, und alle sind unerlässlich, um den modernen Westen zu verstehen.

Ein Album ist aber „Welcome to the Tribe“, das 2009 veröffentlicht wurde. Die zwölf Tracks formen eine schöne Mischung aus neuen und traditionellen Lieder, und meistens in Balladen erzählt Wilkinson über die Schwierigkeiten und die Unsicherheit des arbeitenden Cowboy. In anderen Lieder vergleicht er die Sorgen der Vergangenheit mit ähnlichen Sorgen der Menschen, die heutzutage auf dem Llano leben. Wilkerson und Hedges  spielen Gitarre, und Hedges spielt auf einigen Tracks eine Banjo-Gitarre. Die Begleitung wird durch Geigen und andere Instrumenten ergänzt. 

In dem rollenden Titeltrack beschreibt Wilkinson, wie man als echter Cowboy anerkannt werden kann, und er betont, dass es nicht an der Westernkleidung liegt, sondern an dem innerlichen Werten und dem Benehmen des Einzelnen. Er singt, „when you know when to ride up, when you know when to pull up, when you know when to shut up, welcome to the tribe.“ Er behandelt das gleiche Thema in dem Lied „Palm-Leaf Lid.“ Hedges  singt und beschreibt, dass wenn jemand echter Cowboy ist, trägt er keinen sehr teueren Filzhut, sondern einen Palmhut, der einem „working puncher“ unerlässlich ist.

In den Lieder „Dreary Life,“ „Diamond Joe,“ „Cowboy Soliloquy“ und „Old Paint Medley“ bearbeiten Wilkerson und Hedges Versionen historischer Cowboy-Lieder. Die Themen sind wohlbekannt. Cowboys hatten nie genug Geld, und sie mussten draussen in der Kälte und im Regen schlafen. Ihre einzigen Begleiter waren ihre Pferde, die anderen Cowboys und die Hoffnung auf eine bessere Zukunft.

Wilkinson zeigt in den letzten vier Tracks seine dichterischen Fähigkeiten, indem er die Leere beschreibt, die einen Teil des Konsumzwangs und der Wichtigtuerei ist. In „Glitter Bus“ kämpfen und ringen alle Mitreisenden um einen Sitz. Die Fahrgäste betrachten sich lieber als die Welt vor der Tür; dazu hat der Bus Spiegel statt Fenster. In dem Bus sprechen sie mit lauter Stimme am Handy, und versuchen eine Verabredung für Mittagessen. Alle streben um das Äusserliche, und sie vergessen dabei ihre Humanität.

Der letzte Track ist die Geschichte eines alten Cowboys, der in Clayton Texas im Altenheim sein Lebensende verbringt. Er sitzt im Rollstuhl vor einem kleinen Fenster, und erinnert sich an die alten Zeiten, als er auf Ranches in Texas und New Mexico arbeitete. Der schnelle Takt und die rollende Melodie klingen fast wie ein “road song,” das die breiten Interstates und kurvenreiche Straßen als Subjekt haben sollte–ein Subjekt, das fern von dem Leben im Altersheim sein sollte. Bald verstehen wir die Richtung des Lieds, denn mitten im Lied lernen wir, dass sich der Mann gerade auf sein “Great Escape” vorbereitet. Nach dem Abendessen wird er Reifenspuren auf dem Rasen hinterlassen, und wenn sie seine Abwesenheit bemerken und den Sheriff anrufen, wird er schon mit einem “coyote pack” heulen. Wenn das Altersheim seinen Kindern in Lubbock und Ft. Worth endlich über sein Weglaufen berichtet, wird die Sonne schon “over my bones” untergehen.

Weitere Rezensionen werden folgen.

Die CD und andere Alben können unter westernfolklife.org oder von ITunes bestellt werden. Falls Sie mehr über Andy Wilkinson und Andy Hodges erfahren wollen, bitte lesen Sie mehr unter andyhedges.com und texascowboypoetry.com—-Jason Fabianke